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“Betrug des Jahrhunderts”: Putins Falle schnappt zu – Gasspeicher fast leer

Putin und Gazprom haben ihre Schachfiguren schon vor Monaten gesetzt. Jetzt schnappt die Falle zu. Für Verbraucher ist nur eines sicher: Alles wird noch teurer!

Der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet mit einer zweiten Welle an Preissteigerungen „und die wird sicherlich zweistellig”, sagt HDE-Präsident Josef Sanktjohanser. Bislang ist nur ein Bruchteil der tatsächlichen Energiepreiserhöhungen beim Verbraucher angekommen. Doch das wird nicht so bleiben. Die ersten Unternehmen haben bereits angekündigt, die erhöhten Energiekosten weitzugeben. Die Politik hilft mit Entlastungsprogrammen. Doch gegen die Ursache scheint sie machtlos. Die Gasspeicher sind so gut wie leer und neue Quellen lassen sich nicht schnell ergründen. Was steckt dahinter?

„Langsam wird klar, was der russische Präsident bezweckt“, schrieb die FAZ am Samstag. In den letzten 72 Stunden ist auf dem Gas-Markt viel passiert. Der Rennfahrer Igor Sushko, der immer wieder Quellen aus Russland übersetzt und veröffentlicht, spricht vom „Betrug des Jahrhunderts“ und der „Nordkurier“ deckte am Rande auf, dass der größte, deutsche Gasspeicher fast leer ist. Alle Fäden führen nach Moskau und sie werden den Gaspreis steil nach oben ziehen.

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Zunächst die guten Nachrichten: Gazprom liefert immer noch und zwar fast auf der maximalen, vertraglich zugesicherten Leistung. Deutsche und andere europäische Gasabnehmer müssen allerdings ein Rubelkonto bei der Gazprombank nutzen. Die Überweisungen in Euro werden gemäß Putins Dekret für „unfreundliche Staaten“ in Rubel umgetauscht. Wie die FAZ ermittelte, hat sich Russland damit vor allem eins gesichert: Die Gaszahlungen kommen in Russland an – trotz Sanktionen. Denn die Gazprombank ist von denen explizit ausgenommen. Bei europäischen Banken hätte man fürchten müssen, dass die gezahlten Summen nachträglich beschlagnahmt würden. Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte eben jenen Hintergrund am Freitag.

Doch dann warf Gazprom überraschend seine europäischen Tochtergesellschaften ab, darunter die Gazprom Germania und deren Untergesellschaften Wingas und WIEH sowie den Gasspeicherbetreiber Astora. Der Gasmarktexperte Fabian Huneke vermutet ein „Bauernopfer, um die Gaslieferverträge neu zu verhandeln.” Bestehende Verträge binden das russische Gas an Währung, Preis und Menge. „Diese Vertragsbindung könnte nun aufgehoben werden“, wird der Experte von der dpa zitiert.

Russland verliert dabei zwar augenscheinlich Vermögenswerte in Milliardenhöhe. Laut Sushko wurden diese jedoch im Eilverfahren „auf Unternehmen registriert, die erst vor wenigen Tagen gegründet wurden“, behauptet Sushko und spricht vom „Betrug des Jahrhunderts“.

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Und wie steht es um die deutsche Verhandlungsposition, sollten die Verträge nun tatsächlich neu verhandelt werden? Deutschlands größter Erdgaspeicher in Rehden hat einen Füllstand von 0,5 Prozent. Der Speicher – bisher im Besitz von Gazprom-Tochter Astora – hätte ein Fünftel der deutschen Lagerkapazitäten halten sollen. Die Zeitung „Nordkurier“ vermutet: „Der Verdacht, dass der Gasspeicher bewusst entleert wurde, um den deutschen Mangel an Erdgas im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg von vornherein zu verschärfen, liegt auf der Hand.“

Insgesamt weisen die deutschen Speicher, die Schwankungen auf dem Gasmarkt ausgleichen sollen, noch 27 Prozent ihrer Kapazitäten auf. Im Frühjahr sind sie immer leerer als im Herbst. Doch der aktuelle Tiefstand ist bemerkenswert. Zum Vergleich: 2019 lag der Speicherstand zur gleichen Jahreszeit bei 54 Prozent.