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Machtkampf im Kreml: Entscheidung in den nächsten zwei Wochen

Es gibt einen Machtkampf im Kreml und die nächsten zwei Wochen werden entscheidend sein, so der russische Politikwissenschaftler und Publizist Andrej Piontkowski.

Die Militärexperten im russischen Generalstab haben es seit langem erkannt – und die Rede des Chefs des Generalstabs der Streitkräfte der Russischen Föderation, General Sergei Rudskij hat bewiesen, dass sie dies ihrem Oberbefehlshaber Putin auch mitgeteilt haben -, die Besetzung der gesamten Ukraine und die so genannte “Entnazifizierung” sind unmöglich. Die russische Armee kann dieses “Ziel” nicht umsetzen.

Dies ist der erste Konflikt dieser Art, der zwischen dem Oberbefehlshaber und dem Generalstab der Russischen Föderation entstanden ist. Offenbar wurde daraufhin ein Kompromissbeschluss gefasst: eine Schlacht um den Donbass. Der Zweck dieser Schlacht ist offensichtlich.

Erstens, soll eine Art Illusion des Sieges erzeugt werden, die der russischen Bevölkerung dann verkauft werden kann. Der Wortlaut der russischen Propaganda-Maschine koennte laut Andrej Piontkowski wie folgt sein: ‘Unsere Aufgabe war es, die Menschen im Donbas vor einem Völkermord zu bewahren, das haben wir geschafft, und wir haben die militärische Infrastruktur der Ukraine weitgehend zerstört, und jetzt will die Ukraine nicht der NATO beitreten.’ Die Ukraine will tatsächlich nicht der NATO beitreten. Nicht, weil Russland es verbietet, sondern weil sich die NATO für die Ukrainer als “hilflose und miserable Organisation”erwiesen hat und “man sich nicht auf die NATO verlassen sollte, sondern auf die gezielte militärische Unterstützung einzelner Länder – in erster Linie der Vereinigten Staaten und Großbritanniens”. 

Zweitens plant Russland durch eine Art Sieg im Donbass seine Verhandlungsposition gegenüber der Ukraine zu stärken und ein für Russland akzeptables Ergebnis in Form eines Stücks Territorium zu erzielen, das noch zurückerobert werden muss. “Nach allem zu urteilen, was sie sagen und planen, wäre die Einnahme von z. B. Charkow ein solcher Sieg”, so Piontkowski. 

“Ich teile jedoch die Meinung der großen Mehrheit der ukrainischen und westlichen Militärexperten, dass sie Charkiw nicht einnehmen werden. “

Die russische Armee war nicht in der Lage, Charkow zu Beginn des Krieges einzunehmen, als sie in einer stärkeren Position waren und sie konnte keine ernsthaften Reserven mobilisieren. So wurden verschiedene russische Einheiten aus Abchasien, Ossetien, Karabach, Afrika oder sonst woher abgezogen. Die Schlacht um den Donbass kann mit derselben und als zweite Niederlage enden wie die Schlacht um Kiew. “Das wird meiner Meinung nach zu einem sehr ernsten Kampf in Putins Bunker führen, bei dem es um die Frage geht, wer die Schuld an den Niederlagen trägt. “Entweder Oberbefehlshaber Putin, der sich lächerliche und unerreichbare Ziele gesetzt hat, oder mittelmäßige Generäle, die die großen Ziele des Oberbefehlshabers nicht erfüllen konnten. “

Putins Pressesprecher Dmitri Peskow gab am 7. April in einem Interview mit Sky News eine seltsame Erklärung ab. Die deutet darauf hin, dass an der Spitze ein heftiger Machtkampf im Gange ist. Zum ersten Mal (und das ist erstaunlich) hat der Kreml erhebliche Verluste anerkannt. “Das ist eine Tragödie”, hatte Peskow gesagt. 

Laut Andrej Piontkowski haben die Generäle Putin vielleicht erklärt, dass Charkiw nicht eingenommen werden kann. Und nun sucht Putin über seinen Herold Peskow nach Vereinbarungen mit der Ukraine. “Aber es ist unwahrscheinlich, dass die Ukraine nach den Verbrechen der russischen Armee zu irgendwelchen Vereinbarungen bereit sein wird”. 

Auch in Washington hat sich die Rhetorik geändert. Seit zwei Tagen spricht man dort über den ukrainischen Sieg. Früher hieß es, man müsse den Ukrainern so viel wie möglich zur Verfügung stellen, damit sie sich gegen Russland behaupten können. Als erster hatte sich der Leiter des US-Außenministeriums, Anthony Blinken, zu Wort gemeldet, man müsse die Ukraine mit allem versorgen, was möglich sei, um den Sieg zu erringen. Und in der Tat gaben die USA grünes Licht für die Lieferung von schweren Waffen. So soll Moskau “auf den Knien kriechen” und um einen Waffenstillstand bitten. 

“Im Kreml gibt es einen Kampf zwischen den Verrückten und den Pragmatikern”, so Piontkowski. “Und die Pragmatiker haben erkannt, dass sie Charkiw nicht einnehmen können. Die Verrückten aber könnten eine Armee in die vollständige Zerstörung schicken.” Auf jeden Fall werden die nächsten zwei Wochen entscheidend sein.

Foto: Wladimir Putin, über dts Nachrichtenagentur