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Nach Scheitern der Impfpflicht: Experten erwarten neue Lockdowns im Herbst

Eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus wird es nach der Abstimmung im Bundestag am Donnerstag nicht geben. Diese Nachricht hinterlässt bei viele Experten große Sorgen, denn nach ihrer Ansicht wird es spätestens in der zweiten Jahreshälfte eine neuerliche Pandemie-Welle geben. Daraus schlussfolgern sie, dass es wieder neue Beschränkungen, wenn nicht sogar auch Lockdowns, geben wird.

Mediziner zeigen sich davon überzeugt, dass es nach dem Scheitern der Corona-Impfpflicht in Deutschland im Herbst erneut zu massiven Probleme kommen wird. Sie schließen auch neuerliche Lockdowns nicht aus. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft DKG, sagte in einem Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“: „Fakt ist, dass wir im Herbst wieder mit steigenden Infektionszahlen rechnen müssen. Darauf muss sich die Politik bereits heute vorbereiten, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden.”

Auch Carsten Watz, Generalsekretär der Deutschen Immunologischen Gesellschaft, zeigt sich enttäuscht, dass keine Einigung im Bundestag erfolgte. So kommen neue Überlegungen für die Impfpflicht im Herbst definitiv zu spät. „Eine Impfpflicht, die erst im Herbst beschlossen würde, hätte kaum einen akuten Effekt auf die dann anstehende Welle, und man müsste wieder mit anderen Maßnahmen gegensteuern“, sagte er ebenfalls gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“.

Die Entscheidung gegen die Impfpflicht hält der Kanzler Olaf Scholz hingegen für eine eindeutige Aussage. Aus seiner Sicht wäre es undemokratisch, diese Abstimmung im Bundestag als Unfall abzutun und erneut einen Antrag einzubringen, wie es der Gesundheitsminister Lauterbach und sein Amtskollege aus Bayern, Klaus Holetschek, bereits angekündigt hatten.

So wird Deutschland dann im Herbst wieder schlecht aufgestellt sein und die daraus entstehenden Konsequenzen tragen müssen, zeigt sich auch der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, konsterniert. Die mangelnde Bereitschaft, sich impfen zu lassen, wird im Herbst und Winter wohl wieder in erheblichen Kontaktbeschränkungen oder gar Lockdowns münden. Derzeit ist die Impfkampagne fast vollständig zum Erliegen gekommen, lediglich rund 36.000 Impfungen pro Woche sind derzeit registriert worden. Das ist weit entfernt von den Werten, die anfänglich erzielt worden waren. Damals lagen sie bei weit über einer Million pro Woche.

Als einzige Konsequenz müsse aus Sicht der Ärztegewerkschaft Marburger Bund die Impfquote konsequent erhöht werden, um so das Scheitern der Impfpflicht zu kompensieren. Die Vorsitzende Susanne Johna sagte zu den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Wir erwarten, dass die Bundesregierung jetzt alle Anstrengungen unternimmt, eine echte Medienkampagne zu initiieren und damit gleichzeitig die Impfaufklärung und Beratung verstärkt.”

Die allgemeine Impfpflicht ab 60 war am Donnerstag im Bundestag krachend gescheitert. Unterstützt hatten den Gesetzentwurf in erster Linie die Abgeordneten der SPD und Grünen. Auch Scholz und Lauterbach befürworteten diesen Antrag.