

Jahrzehntelang galten die Deutschen als Anhänger strikter Haushaltsdisziplin – aber eine Studie zeigt nun: Das Chaos auf der Welt und die Wirtschaftsflaute haben die Bürger ins Nachdenken gebracht.
Die Lockerung der Schuldenbremse zugunsten von Verteidigungs-, Straßen- und Schieneninvestitionen wird von den Bundesbürgern mehrheitlich gutgeheißen. Das zeigt eine Studie des Düsseldorfer Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), über die die “Süddeutsche Zeitung” vorab berichtet. Demnach befürworten 41 Prozent der Menschen die nach der Bundestagswahl beschlossenen Ausnahmeregelungen “stark” oder “eher”, weitere 22 Prozent stehen ihnen neutral gegenüber. Lediglich 37 Prozent halten sie für wirklich falsch. In früheren Umfragen hatte sich oft eine Mehrheit gegen laxere Schuldenregeln ausgesprochen.
Von den AfD-Wählern lehnen 67 Prozent die Lockerung ab, 15 Prozent sind dafür. Beim BSW sagen 60 Prozent nein und sogar nur zwölf Prozent ja. Dagegen halten selbst unter den Unionswählern vier von fünf Befragte die Reform für richtig oder lehnen sie zumindest nicht ab. Nur 22 Prozent sagen klar oder tendenziell nein.
Anders als insbesondere der Wirtschaftsflügel der Union gelegentlich reklamiert, kann sich Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bei seinem Kurswechsel in Sachen Schuldenbremse also auf eine deutliche Mehrheit der eigenen Anhänger stützen. Auch bei den Wählern von SPD und Grünen lägen die Ablehnungsraten mit 18 beziehungsweise 20 Prozent auf einem sehr niedrigen Niveau, heißt es in der Studie, die auf einer Umfrage unter 2.700 Bürgern basiert.
Auf recht große Zustimmung in der Gesamtbevölkerung trifft vor allem die Einrichtung des 500 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögens zur Modernisierung von Schienen, Straßen, Brücken und Digitalnetzen. Es wird von 51 Prozent, also einer absoluten Mehrheit der Befragten, ausdrücklich gutgeheißen, weitere 16 Prozent lehnen es zumindest nicht ab. Die Kreditfinanzierung höherer Verteidigungsausgaben stößt bei 49 Prozent der Menschen auf Zustimmung. Weitere 20 Prozent stehen der sogenannten Bereichsausnahme neutral gegenüber. Bei den erweiterten Verschuldungsmöglichkeiten für die Bundesländer halten sich Befürworter und Gegner dagegen in etwa die Waage.
Insgesamt zeigt die Studie, dass aus dem Heer der schwäbischen Hausfrauen und beinharten Schwarze-Null-Fans ein Volk geworden ist, das durchaus in der Lage ist, mit der Zeit zu gehen. “Die veränderte Haltung zur Schuldenbremse deutet darauf hin, dass viele Menschen die gegenwärtigen wirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen als so gravierend erachten, dass eine höhere Staatsverschuldung als vertretbar angesehen wird”, schreiben die Studienautoren Jan Behringer und Lukas Endres. Das sei umso bemerkenswerter, als 62 Prozent der Befragten davon ausgingen, dass die zusätzlichen Investitionen sehr wohl zu einer “deutlich” höheren Schuldenquote führen werden.
dts Nachrichtenagentur
Foto: Menschenmassen (Archiv), via dts Nachrichtenagentur
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