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Syrischer Flüchtling klagt an: Durch Ukraine-Hilfe werden alle anderen vergessen

Es ist die schlimmste Flüchtlingswelle seit dem 2. Weltkrieg. 10 Millionen Ukrainer sind auf der Flucht. Und die weltweite Anteilnahme ist enorm.

Doch was sagen Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan dazu?

Das Magazin „20 Minuten“ hat dazu Farhad Haji befragt, der 2015 als syrischer Flüchtling in die Schweiz kam. Er fühlt mit den Ukrainern, die plötzlich Krieg in ihrem Land hatten und er weiß auch, wie es ist, wenn man als Flüchtling in einem anderen Land ankommt und dort Hilfe empfangen kann.

Er hat jedoch auch den Eindruck, dass durch den Ukraine-Krieg alle anderen Flüchtlinge vergessen werden. Hinzu kommt, dass sich geflüchtete Syrer in der Schweiz nie heimisch fühlten und auch einen viel schlechteren Schutzstatus als jetzt die Ukrainer bekamen: Die Syrer durften nicht reisen oder arbeiten – Ukrainer dürfen beides sofort. Eine echte Chance auf Integration oder auch nur aus den Asylzentren herauszukommen, hatten viele Syrer nie.

Haji gründete vor Jahren eine Anlaufstelle für Flüchtlinge in Bern und macht dort auch die Erfahrung, dass bei ihm eingehende Spenden zurück gehen, während die Spendenbereitschaft für Ukraine explodiert. Und wenn man einmal auf die nackten Zahlen schaut, so ist die humanitäre Krise in Syrien mit Millionen Vertriebenen und 350.000 toten Zivilisten (laut UN) noch schlimmer als in der Ukraine.

Ähnliche Kommentare hört man auch von einer 27-jährigen Flüchtlingsfrau aus Afghanistan, deren Asylantrag in der Schweiz zunächst abgelehnt wurde. Sie bestätigt Hajis Erfahrungen und bestätigt, dass sie sich einerseits über die Hilfe für die Ukrainer freut – andererseits darum bittet, dass auch andere Flüchtlinge nicht vergessen werden.

Dass Unterschiede in der Akzeptanz der Flüchtlinge bestehen, ist ohne Zweifel. Doch wo liegen die Ursachen?
Zum einen ist die Ukraine (West-)Europa nicht nur geografisch sondern vor allem kulturell deutlich näher als Syrien und Afghanistan. Und das beeinflusst natürlich das Einfühlungsvermögen der Menschen. Hinzu kommt: Gerade die Flüchtlingswelle in 2015 war vielfach durch junge Männer geprägt – jetzt aus der Ukraine kommen weit überwiegend Frauen, Kinder und Alte während die Männer zu Hause für Freiheit, Demokratie – und auch für Europa kämpfen.
Last but not least hat ein großer Teil Europas die sowjetische Besatzung persönlich erlebt und kann dadurch natürlich ganz anders mit den Ukrainern nachempfinden als mit islamischen Ländern.

Diese Bestandsaufnahme hilft zwar integrationswilligen Syrern und Afghanen nicht, aber sie zeigt die gravierenden Unterschiede, die zwischen diesen unterschiedlichen Flüchtlingswellen bestehen.