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Banken übernehmen die Kryptowelt

Viele Krypto-Experten beschwören die revolutionäre Kraft der Kryptowährungen, Banken abzulösen bzw. de facto überflüssig zu machen. Dafür stand das dezentrale System von Rechenknoten, die ganz einfach (Kryptowährungs-) Transaktionen von A nach B ausführen können – ganz ohne Banken und mit niedrigsten Gebühren. Doch gerade dies Zahlungsfunktion rückt aufgrund der enormen Volatilität der Kryptowährungen in weite Zukunft – auch sind Transaktionskosten und -geschwindigkeit noch zu wenig wettbewerbsfähig. Gleichzeitig starten Banken in der Kryptowelt durch: Goldman Sachs kauft sich eine Kryptobörse, nahezu jede größere Bank hat irgendwelche Entwickler-Teams auf die Blockchain angesetzt.

Was sind die Gründe dafür? Zum einen haben sind die Banken zwar langsame, große Industrietanker, die nur langsam die Richtung ändern, aber sie haben enormes Kapital und auch – zumindest in Teilen – das Potenzial der Blockchain erkannt. Der aktuelle Kursrutsch der Kryptowährungen gibt ihnen nun etwas Zeit selbst tätig zu werden. Und internationale Zahlungen sind ein margenstarker Bereich bei vielen Banken, sodass man hier durchaus Budget hat, diesen spannenden Markt nicht kampflos aufzugeben. Zudem haben die Krypto-Startups mit dem Markteintritt in diesen ertragsstarken Bereich bei zahlreichen Banken ein Alarmsignal ausgelöst.

Insgesamt gibt es rund eine Viertel Milliarde Menschen die regelmäßig Geld ins Ausland – meist ihre ursprüngliche Heimat – senden. In unserem Zeitalter zunehmender, internationaler Freizügigkeit wird sich diese Zahl weiter erhöhen. Die oben genannten Personen bewegen pro Jahr fast eine halbe Billion US-Dollar. Dafür zahlen sie rund 6-7% dieser Summe an Transaktionsgebühren. Je exotischer das Zielland ist, desto höher die Gebühren. Aber selbst zwischen Erste-Welt-Industrienationen kommen schnell 3-5% an Transaktionsgebühren zusammen, sobald ein Währungstausch anfällt (innerhalb der Eurozone sieht es natürlich anders aus).

Das Risiko diese Einnahmen zu verlieren, zwingt die Geldinstitute sich mit Blockchain-Technologien abzugeben und eigene Lösungen zu präsentieren. Andernfalls entstünde die Gefahr, diesen Markt vollkommen an junge Startups zu verlieren. Gleichzeitig werden zunehmend Banken in Blockchain-Startups investieren und perspektivisch übernehmen.

Krypto-Futures und die (vermutlich bald kommenden) Krypto-ETFs sind zwei weitere Faktoren, wo die Kryptowelt auf etablierte Finanzinstrumente setzt, die letztlich von Banken konstruiert und gemanaged werden. Kryptofonds existieren schon zahlreich und werden bei wachsenden Anlegerinteresse auch in sämtlichen Vermögensverwaltungen der Banken auftauchen, denn diese richten sich letztlich nach dem Publikumsinteresse. Dies ist umso einfacher, wenn beispielsweise Krypto-Futures als Anlagevehikel schon vorhanden sind.

Das andere Thema sind ICOs (“Initial Coin Offerings”), bei denen StartUps Krypto-Tokens ausgeben um Geld einzuwerben, dass sie für die Produktentwicklung benötigen. Schon rein der Begriff klingt sehr ähnlich zu IPO, dem Initial Public Offering, bei dem Unternehmen öffentlich Aktien an der Börse verkaufen, um Geld von Anlegern aufzunehmen. IPOs sind ein klassisches Beratungsfeld von Geschäftsbanken. Und mit zunehmender Regulierung – denn das ist es, was einen IPO so teuer macht – wird auch hier der Beratungsbedarf zunehmen. Erste ICO-Beratungen, wie beispielsweise die New Yorker Satis Group, setzen in ihren Teams bereits auf zahlreiche Ex-Banker.

Sobald sich die Kryptowährungen vom aktuellen Kursrutsch erholen und ICOs durch zunehmende Regulierung einerseits aus der Schmuddelecke (in der viele ICOs zurecht stehen!) hervorkommen und andererseits auch im Volumen zulegen, werden Banken groß im ICO Geschäft einsteigen.

Spätestens dann dürften die Banken, das Kryptouniversum komplett durchdrungen haben und zu einem guten Teil schrittweise übernehmen: vom Zahlungsverkehr, als Betreiber von Kryptobörsen über ICOs bis zur Geldanlage via Kryptofonds. Die ersten Weichen dafür haben die Banken schon gestellt.