Wochenlang widersetzte die Ständige Impfkommission (Stiko) sich dem öffentlichen Druck. Aufgrund neuer Daten ändert die Stiko nun doch ihre Einschätzung. Ab jetzt wird die Impfung für Kinder ab 12 Jahren auch in Deutschland empfohlen.
Vor wenigen Tagen hat die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut ihre Empfehlung zur Kinderimpfung gegen Covid-19 geändert. Ab jetzt rät die Stiko, Kinder zwischen 12 und 17 Jahren gegen Sars-CoV-2 impfen zu lassen.
Die Stiko erklärte, dass diese Entscheidung nun schlussendlich nach sorgfältiger Bewertung neuer wissenschaftlicher Beobachtungen und Daten gefallen sei. Die Experten kamen demnach zur Einschätzung, „dass nach gegenwärtigem Wissensstand die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen“.
Dabei gehe es nicht um das Ziel einer Herdenimmunität, welche oft diskutiert wird. Tatsächlich ziele die Empfehlung auf „den direkten Schutz der geimpften Kinder und Jugendlichen vor Covid-19 und den damit assoziierten psychosozialen Folgeerscheinungen ab“, heißt es weiter in der Stellungnahme der Stiko.
Gleichzeitig sprach die Stiko sich gegen einen indirekten Impfzwang auf Kinder aus: Im Interesse des Wohlergehens der Kinder und Jugendlichen dürfe die Impfung nicht „zur Voraussetzung sozialer Teilhabe gemacht“ werden.
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Im Juni hatte die Stiko sich noch gegen eine Kinderimpfung ausgesprochen. Die „faz“ fragte beim Chef der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie nach, warum die Stiko sich für diese Empfehlung so lange Zeit gelassen habe. Tobias Tenenbaum erwiderte: „Hat sie gar nicht. Die Empfehlung kam vergleichsweise schnell nach wenigen Monaten wie im Zeitraffer.“ Normalerweise dauere eine solche Entscheidung viel länger. Dennoch sei die Entscheidung nun zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Die Stiko habe abgewartet, bis genug wissenschaftlichen Fakten vorlagen und diese ausgewertet. Daraus habe man nun besagten Schluss gezogen.
Die Stiko habe unter anderem Fälle von Herzmuskelentzündungen bei Jugendlichen beobachtet und bewertet. Zu diesem Zeitpunkt hatte die EMA schon ihre Zulassung für Kinder erteilt. Da diese Krankheit bei Minderjährigen höchst selten sei, sah man hier eine ernste Nebenwirkung der Impfung. „Die STIKO schreibt unmissverständlich, dass das als Impfnebenwirkung zu werten ist und dass die meisten beobachteten Fälle ins Krankenhaus mussten.“ Dennoch wäre sie zu dem Schluss gekommen, dass die Impfung empfehlenswert sei. Zum einen sei diese Nebenwirkung nur sehr selten aufgetreten und gut behandelbar, zum anderen könne auch Covid-19 Herzprobleme auslösen. Dies geschehe häufiger als bei der Impfung. „Nach der Gegenüberstellung von Nutzen und Risiken ist für die STIKO klar, dass die Vorteile der Impfung das Risiko von extrem seltenen Nebenwirkungen überwiegen. Ich sehe das genauso“, so der Chefarzt für Kinder- und Jugendmedizin.
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