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Justizminister kündigt Aufhebung eines Tabus‘ an

Für Arztpraxen soll es bald nicht mehr strafbar sein, im Internet über Abtreibungen zu informieren. Für eine entsprechenden Referentenentwurf des Justizminister Buschmann kommt teils Zustimmung, teils Widerspruch.

Für Frauen soll es in Zukunft leichter sein herauszufinden, welche Ärzte in ihrer Nähe Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Dem stand bisher der umstrittene Paragraf 219a im Weg. Dieser Strafrechtsparagraf zum Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche soll nun auf der Grundlages eines Entwurfes des Bundesjustizministeriums aufgehoben werden. 

Der Entwurf wird mit den anderen Ressorts der Bundesregierung jetzt abgestimmt. „Eine längst überfällige Modernisierung“, schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz bei Twitter. 

https://twitter.com/OlafScholz/status/1483083164910301187?ref_src=twsrc%5Etfw

SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass „Ärztinnen und Ärzte in Zukunft öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können sollen, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen“. Sie hielten darin außerdem fest: „Die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung.“

Besondere Medienpräsenz bekam der Paragraf 219a im Jahr 2019 durch die Verfassungsklage der Berliner Ärztin Bettina Gaber. Sie war die erste Ärztin, die wegen des bereits reformierten Paragrafen 219a verurteilt wurde. In erster Instanz wurde Gaber und ihre Kollegin zu einer Geldstrafe von jeweils 2000 Euro verurteilt, weil sie dem Gericht zufolge auf ihrer Webseite für Schwangerschaftsabbrüche „geworben“ hatten. „Auch ein medikamentöser, narkosefreier Schwangerschaftsabbruch in geschützter Atmosphäre gehört zu unseren Leistungen“, war dort zu lesen. Die Ärztin hatte daraufhin Verfassungsbeschwerde gegen den umstrittenen Paragrafen 219a Strafgesetzbuch erhoben. Sie und ihr Anwalt halten das Gesetz für verfassungswidrig: „Dieser Paragraf muss komplett abgeschafft werden“, so Gaber damals gegenüber Medien.

In der Tendenz gehen in Deutschland die Schwangerschaftsabbrüche zurück. Im zweiten Quartal 2021 sind rund 22.900 Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland gemeldet worden. Das waren laut Statistischem Bundesamt 8,5 Prozent weniger als im Vorjahresquartal.

Foto: Marco Buschmann, über dts Nachrichtenagentur