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Komplexe Immunreaktion – Blut von Covid-19-Patienten verklumpt

Bei Covid-19-Erkrankungen ist eine der rätselhaften Komplikationen das regelrechte Verklumpen des Blutes. Bislang war unklar, wie es dazu kommt. Einen Ansatz haben nun US-Wissenschaftler, ebenso eine Idee, welche Medikamente zum Einsatz kommen können.

Bei Patienten, die eine Infektion mit Sars-CoV-2 haben, werden neben der Erkrankung von Lunge und weiteren Organen auch Störungen der Blutgerinnung beobachtet. Das Blut scheint regelrecht zu verklumpen. Die Folgen sind häufig Schlaganfälle oder Lungenembolien. Mediziner stellten zudem häufig bei Verstorbenen Thrombosen und Blutgerinnsel in Arterien, Venen und Kapillaren fest. „In Patienten mit Covid-19 sehen wir einen erbarmungslosen, sich selbst verstärkenden Teufelskreis von Entzündungen und Verklumpungen des Bluts im gesamten Körper“, erklärt Yogendra Kanthi von der University of Michigan.

Kanthi ist Co-Autor einer Studie, die im „Science“-Magazin veröffentlicht wurde und die der Ursache für diese Gerinnung auf den Grund gegangen ist. „Die meisten Patienten haben normale Konzentrationen von Blutgerinnungsfaktoren, Fibrinogen und Blutplättchen, was darauf hindeutet, dass Covid-19 einen einzigartigen prothrombotischen Zustand verursacht“, so Kanthi und seine Kollegen. Es könnte eine direkte Wirkung des Virus sein, doch komme auch eine Entzündung der Blutgefäße sowie Störungen der biochemischen Regulation inklusive Blutgerinnung als Ursache in Frage. Aber auch eine Immunreaktion des Körpers auf die Infektion komme in Betracht.

Die Wissenschaftler hatten das Blut von 172 Patienten mit einem schweren Verlauf für ihre Studie analysiert. Dabei suchten sie nach acht Antikörpern, welche typisch für das sogenannte Antiphospholipid-Syndrom sind. Bei dieser Autoimmun-Erkrankung kann es durchaus zu einer Verklumpung des Blutes kommen.

Mehr Antikörper, schwerere Erkrankung

Jason Knight, einer der Studienautoren berichtet dazu: „Gut die Hälfte der Covid-19-Patienten war für mindestens einen dieser Auto-Antikörper positiv“. Zwei oder sogar mehr Antikörper wiesen zudem ein Viertel der Betroffenen auf. Klare Zusammenhänge haben sich daraus ergeben, denn je mehr Auto-Antikörper im Blut eines Patienten waren, umso schwerer war der Verlauf der Erkrankung.

„Das legt nahe, dass diese Auto-Antikörper die Schuldigen in diesem Teufelskreis aus Blutverklumpung und Entzündungen sein könnten, der viele Covid-Patienten so krank macht“, sagt Kanthi. Eine Infektion mit Sars-CoV-2 fördert damit direkt oder indirekt die Produktion fehlgeleiteter Antikörper. Dies lässt die Blutgerinnung dann entgleisen. Zudem wiesen die Betroffenen häufig überaktivierte weiße Blutkörperchen auf. Diese helfen in der Regel bei der Bekämpfung von Bakterien, in dem sie eine Art Netz bilden. Sie verstärken aber in diesem spezifischen Fall die Blutgerinnung weiter. An Mäusen überprüften die Wissenschaftler ihre Erkenntnisse und erzeugten mit Antikörpern von schwer erkrankten Covid-19-Patienten hier ebenfalls „ein erstaunliches Ausmaß an Thrombosen“.

Mittels der vorliegenden Ergebnisse könne eine bessere Behandlung der Blutgerinnung erfolgen. Behandelt werden kann das Antiphospholipid-Syndrom neben dem Gerinnungshemmer Heparin auch mit dem Wirkstoff Dipyridamol. „Das ist ein altes Arzneimittel, das sicher, billig und breit verfügbar ist“, sagt Kanthi.

Dass das Mittel auch bei Covid-19 helfen kann, haben erste Tests belegt. Eine entsprechende klinische Studie mit dem Medikament hat das Forscherteam bereits begonnen. Auch empfehlen sie die Nutzung einer Blutwäsche zu prüfen, da hier gezielt bestimmte Komponenten aus dem Blut herausgefiltert werden.