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Neue Erkenntnisse zum Blutdruck: Blutdrucksenker können das Sterberisiko erhöhen

Viele Menschen in oder kurz vorm Rentenalter nehmen regelmäßig Blutdrucksenker. Eine neue Studie stellt dieses Standardverfahren in Frage. Bestimmte Patienten könnten nämlich von einem höheren Blutdruck profitieren.

Forschende fordern ein Umdenken in Bezug auf die Vergabe von Blutdrucksenkern. Eine Studie der Universität Ulm legt nahe, dass bestimmte Patientengruppen sich keinen Gefallen tun, wenn sie ihren Blutdruck künstlich senken. Ein höherer Blutdruck könnte ihr Sterberisiko sogar senken – der Umkehrschluss: Die teuren Blutdrucksenker erhöhen das Sterberisiko für die Betroffenen!

Die Ulmer Forschenden analysierten die Daten ActiFE-Studie (Activity and Function in the Elderly), die seit 2009 Personen über 65 Jahre beobachtet und dabei vor allem deren körperliche Aktivität beobachtet. 40 Prozent der 1.100 Probanden waren weiblich. Forschungsleiter Kaj-Marko Kremer fand nun einen statistischen Zusammenhang zwischen systolischem Blutdruck der Patienten und ihrer Sterblichkeit. Und das Ergebnis ist revolutionär.

„Wie wir beobachten können, verläuft das Altern von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Neben den fitten und sportlich aktiven Über-80-Jährigen gibt es gebrechliche und wenig belastbare 70-Jährige.“, sagt Kremer. Und eben jener Unterschied mache sich auch in der Sterblichkeit im Verhältnis zum Blutdruck bemerkbar. Laut Kremer ist für fitte Personen ein systolischer Blutdruck von 130 Millimeter Quecksilber (mmHg) optimal. Das entspricht auch dem Ziel von Blutdrucksenkern bei Hypertonie-Patienten. Aber für stark gebrechliche Personen scheint dieser angestrebte Wert zu niedrig. Sie tragen gemäß der Studie das geringere Sterberisiko, wenn ihr Blutdruck bei 160 mmHg oder höher liegt.

Die Forschenden raten nun dazu, dass Ärzte bei der Vergabe von Blutdrucksenkern andere Faktoren berücksichtigen sollten, insbesondere die körperliche und kognitive Fitness sollte die Behandlungsform beeinflussen.

Kritik an Blutdrucksenkern gibt es seit längerem. So erhöhen Blutdrucksenker das Risiko für Schwindelanfälle und Stürze. Auch eine Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten wurde schon mit Blutdrucksenkern in Zusammenhang gebracht, wenn der Blutdruck unter 130 mmHg abfällt. Hinzu kommen Nebenwirkungen wie Reizhusten, Allergien und Verdauungsprobleme.

Fachkräfte raten in jedem Fall davon ab, Blutdrucksenker ohne ärztlichen Rat abzusetzen. Denn Blutdrucksenker werden verschrieben, um das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken, die immer noch als häufigste Todesursache in Deutschland gelistet werden. Patienten mit hohem Blutdruck gelten als stark gefährdet, einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt zu erleiden. Ärzte verschreiben deshalb oft eine medikamentöse Behandlung, die den Blutdruck unter 140 mmHg senken soll.