RKI-Chef „kann es nicht mehr ertragen“

Immer wieder hatte RKI-Chef Lothar Wieler gewarnt, jetzt rechnet er mit der Politik ab, denn Deutschland laufe derzeit sehenden Auges in eine „ernste Notlage“. 

Wenn man jetzt nicht gegensteuere werde man „wirklich ein sehr schlimmes Weihnachtsfest“ haben, so der RKI-Chef in einer Online-Diskussionsveranstaltung mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer.

Schonungslos schilderte der Chef-Virologe die aktuelle Virus-Lage und sein Fazit gleicht einer Abrechnung mit der Politik, die die Warnungen von RKI und Experten ignoriert hat.

Der  RKI-Chef forderte schnelle Maßnahmen von der Politik und zeigt sich vom bisherigen Tempo der Corona-Politik enttäuscht: “Ich kann es nach 21 Monaten schlichtweg nicht mehr ertragen, dass es nicht vielleicht erkannt wird, was ich unter anderem sage, wie viele andere Kolleginnen und Kollegen.”

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Derzeit nehmen die Infektionszahlen in Deutschland wöchentlich um fast 40 Prozent zu. Am Mittwoch wurden durch das RKI 52.826 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Allerding sei die Dunkelziffer, die sich hinter dieser Zahl verbirgt laut Wieler wesentlich höher. Er schätzte die Zahl in seinem Vortrag doppelt bis dreimal so hoch ein.

Für die kommenden zehn Tage präsentierte Wieler “düstere” Aussichten. Die Neuinfektionen stiegen in allen fünf Regionen Deutschlands “steil nach oben”. In den vergangenen Wochen seien 0,8 Prozent der Erkrankten gestorben. Das hätte nicht sein müssen, da dieses Szenario bereits seit Juli 2021 bekannt gewesen sei, die Politik jedoch gegen die Empfehlungen des RKI viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens zu schnell geöffnet hätte.

Kontaktbeschränkungen und Corona-Impfungen in Apotheken

“Wir brauchen jeden und jede um jetzt zu impfen”, forderte der RKI-Chef. Zudem sind Kontaktbeschränkungen notwendig und Hotspots wie Klubs und Bars müssten aus seiner Sicht geschlossen bleiben und 2G-Regeln stärker kontrolliert und umgesetzt werden. “Wir dürfen denen, die sich nicht impfen lassen, wirklich nicht die Chance geben, die Impfung zu umgehen, zum Beispiel, indem sie sich freitesten lassen.”

Um das Tempo bei Booster- und Erst-Impfungen zu beschleunigen sollten laut Wieler auch Apotheker zum Impfen herangezogen werden. “Wir sind in einer Notlage, und in einer Notlage muss man bestimmte Dinge großzügig gestalten”, so Wieler. “Wir brauchen jeden und jede um jetzt zu impfen. Sonst kriegen wir diese Krise nicht in den Griff.”

Foto: Lothar Wieler, über dts Nachrichtenagentur