Doch wieder: Russisches Gas kommt nach Deutschland

Russisches Gas strömt wieder nach Deutschland. Nicht über die Nord Stream-Pipelines, sondern über Deutschlands brandneues LNG-Terminal. Das LNG-Terminal in Wilhelmshaven wurde vor etwas mehr als einer Woche eröffnet, und das Gas fließt nun erfolgreich ins Netz. Ein nicht unbedeutender Teil davon kommt allerdings aus Russland.

Wilhelmshaven ist eines von drei schwimmenden LNG-Terminals, die in Deutschland eilig errichtet wurden. Ihr Zweck: Sie sollen sicherstellen, dass es nach dem Stopp der russischen Gaslieferungen über die Nord Stream 1-Pipeline nicht zu Engpässen in der deutschen Gasversorgung kommt. Den ganzen Sommer über hat Europa den größten Teil seines Bedarfs an LNG aus den USA erhalten.

LNG wird durch Unterkühlung auf eine Temperatur von -160 °C verflüssigt. Dadurch kann es auf Schiffe verladen und über den Ozean transportiert werden. Während des gesamten Transports muss das Gas auf derselben Temperatur gehalten werden, und je länger die Reise dauert, desto höher sind die Kosten. Hinzu kommt, dass die USA nur eine begrenzte Menge an LNG für den Export zur Verfügung haben. In den Sommermonaten war diese Menge ausreichend.

Jetzt im Winter übersteigt die europäische Nachfrage jedoch bei weitem das, was die USA liefern können. Daher muss LNG von anderen Orten bezogen werden. Deutschland erhält zusätzliches Gas aus Belgien, den Niederlanden und Frankreich. Etwaige Defizite werden durch kurzfristige Käufe auf dem Spotmarkt ausgeglichen.

Bei diesen Käufen hat Deutschland jedoch keinen Überblick darüber, woher das Gas tatsächlich herkommt, da die Transaktionen von mehreren Zwischenhändlern, darunter auch Verkäufern aus Asien, abgewickelt werden. Ein erheblicher Teil wird wahrscheinlich aus Russland kommen, da dies der kürzeste und billigste Weg für LNG nach Europa ist.

Russisches LNG wird auch nach Frankreich und Spanien geliefert. Große Gaslieferanten aus beiden Ländern wie TotalEnergies, Naturgy und Repsol haben vor Beginn des Krieges in der Ukraine langfristige LNG-Lieferverträge mit dem russischen Unternehmen Novatek unterzeichnet. Aus diesem Grund wird geschätzt, dass zwischen 13 und 16 Prozent des nach Europa importierten Flüssigerdgases nach wie vor aus Russland stammen.

Foto: Mats Bye, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons