Gas-Mangel führt zur Einführung von Kriegswirtschaft in Deutschland

Nachdem die russischen Gaslieferungen nach Deutschland über die Nord Stream 1-Pipeline in den letzten 10 Tagen für viel Unruhe gesorgt hatten, sind sie nun wieder aufgenommen worden. Die gelieferte Menge ist jedoch noch geringer als zuvor. Deutschland hat bereits Probleme, seine Gasspeicher zu füllen. Nun wird befürchtet, dass die Vorräte für den Winter nicht ausreichen werden. Infolgedessen könnte die deutsche Wirtschaft “Zustände wie im Krieg” erleben.

Erdgas machte im Jahr 2021 fast 27 Prozent des deutschen Gesamtenergieverbrauchs aus, vor allem für Heizzwecke und in der Industrie und zu einem viel geringeren Anteil (etwa 15 %) für die Stromerzeugung.

Obwohl Deutschland seine Abhängigkeit von russischem Gas Anfang dieses Jahres von rund 55 % auf 35 % reduzieren konnte, war die Suche nach alternativen Gasquellen nicht durchweg erfolgreich. Anfang Juli lag der Füllstand der Gasspeicher bei etwa 65 %, was immer noch weit von den 90 % entfernt ist, die benötigt werden, um den Winter zu überstehen.

Infolgedessen ist Deutschland nun in die zweite Stufe seines Gasnotstandsplans eingetreten. Dieser Plan stellt sicher, dass die Gasversorgung von Privathaushalten und Einrichtungen des Gesundheitswesens im Falle eines schweren Gasmangels nicht unterbrochen wird. Dies geschieht jedoch auf Kosten der Industrie.

Dies ist ein großes Problem für die chemische Industrie in Deutschland, die rund 14 % des deutschen Gases verbraucht. Nach einer Analyse der Investmentfirma Jefferies Group wären die Unternehmen BASF, Covestro und Evonik Industries die größten Verlierer einer Unterbrechung der Gasversorgung.

BASF hat schon angekündigt, dass es im Falle eines Gasmangels gezwungen wäre, seine Anlagen in Deutschland zu schließen. Derzeit beschäftigt das Unternehmen rund 54.000 Mitarbeiter, von denen die meisten von den Schließungen betroffen wären.

Der Energieriese Uniper hat bereits erklärt, dass er ums Überleben kämpft. Uniper war kürzlich gezwungen, die deutsche Regierung um Hilfe zu bitten, nachdem die ausbleibenden russischen Gaslieferungen die Finanzen des Unternehmens belastet hatten. Daraufhin stellte die deutsche Regierung ein Bailout in Höhe von 15 Milliarden Euro bereit, um den Gasimporteur zu retten.

Der Rückgang der russischen Gaslieferungen hatte zur Folge, dass Uniper sich nicht mehr auf langfristige Preisvereinbarungen stützen konnte, sondern teures Gas auf dem Spotmarkt kaufen musste, um das Defizit auszugleichen. Infolgedessen werden auch die Gaspreise für die Verbraucher in den nächsten Monaten voraussichtlich steigen. Die Bundesregierung erwägt daher weitere Entlastungsmaßnahmen.

Foto: BASF, über dts Nachrichtenagentur