Anfang dieser Woche hat der russische Staatskonzern Gazprom seine Pipeline Nord Stream 1 für wichtige Wartungsarbeiten abgeschaltet. Dies geschah wie geplant – zuvor hatte die Pipeline aufgrund einer defekten Turbine nur 40 % ihrer Kapazität liefern können. Nun werden jedoch Bedenken laut: Was passiert, wenn Putin beschließt, das Gas gar nicht wieder einzuschalten? Die Bundesregierung steht unter dem Druck, Lösungen für eine schwere Gasknappheit in diesem Winter zu finden.
Selbst fünf Monate nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist Deutschland noch immer stark auf russisches Gas angewiesen. Derzeit sind die deutschen Gasreserven nur zu etwas mehr als 60 % gefüllt, was noch weit von dem Ziel von 90 % entfernt ist, das die Bundesregierung bis November erreichen will, um sicherzustellen, dass genügend Gas für den Winter zur Verfügung steht.
Deutschland muss beträchtliche Gasreserven aufbauen, um von russischen Gaslieferungen unabhängig zu werden, aber dafür braucht es im Moment genau diese Lieferungen. Was also, wenn Putin sich weigert, am 21. Juli, wenn die Wartungsarbeiten abgeschlossen sein sollen, das Gas wieder anzudrehen?
Laut Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), bereitet sich die Industrie “auf eine Reduzierung oder gar Einstellung der Gasimporte vor”. Der Chemieriese BASF kündigte an, die Produktion an seinem größten Standort in Ludwigshafen notfalls einzustellen.
Auch deutsche Städte erwägen drastische Maßnahmen. Es wird befürchtet, dass im schlimmsten Fall in diesem Winter nicht genug Gas zur Verfügung stehen wird und dass das wenige Gas, was es gibt, für viele zu teuer sein wird, um ihre Wohnungen zu heizen. Vor allem Rentner werden davon betroffen sein.
Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, erklärte in der “Tagesschau”: “Der Winter kann sehr hart sein. Es kann sein, dass es gar kein Gas mehr gibt. Dann brauchen wir Hallen oder beheizte Räume für ältere Menschen, in denen sie sich stundenweise aufhalten können. Das müssen die Kommunen organisieren. Das ist ein Akt der öffentlichen Fürsorge.”
Die Ampel-Regierung hat Pläne für zusätzliche Flüssiggas-Terminals vorgelegt, und weitere Rohstofflieferungen aus dem Nahen Osten werden in Erwägung gezogen. CSU-Chef Markus Söder hält das für nicht ausreichend. Für den Fall eines russischen Gas-Stopps ist er bereit, ein Ende der bundespolitischen Sommerpause zu fordern, um den Bundestag kurzfristig in Berlin einzuberufen.
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