Schwule Afghanen sind in höchster Gefahr: “Die Bundesregierung muss jetzt handeln”

Es ist ein Jahr her, dass sich Deutschland zusammen mit den USA aus Afghanistan zurückgezogen hat. Am 30. August befanden sich keine ausländischen Soldaten mehr in Kabul. Nach dem Rückzug hat sich die Situation für gefährdete Bevölkerungsgruppen rapide verschlechtert. Viele Frauen und Homosexuelle leben jeden Tag in Angst: Diskriminierung in Afghanistan ist brutal. Die Bundesregierung muss heute handeln, wenn Tausende von Menschenleben gerettet werden sollen.

Als der Rückzug aus Afghanistan abgeschlossen war, blieben mehrere tausend Menschen zurück, die das Taliban-Regime zu fürchten haben. Dazu gehören Mitarbeiter der Bundeswehr, Frauenrechtsaktivisten und Angehörige der LGBTI-Community. Mehr als 40 Organisationen haben die Bundesregierung aufgefordert, für die Rettung dieser gefährdeten Gruppen zu sorgen.

Seit der Rückkehr der Taliban an die Macht in Afghanistan sind mehrere Berichte über die Verfolgung von LGBTI-Personen an die Öffentlichkeit gelangt. Auch ihre Familien und engen Freunde bringen sich in Gefahr, wenn sie ihnen Unterschlupf gewähren. Bislang wurden weniger als 100 LGBTI-Afghanen in Kanada, Großbritannien und Irland in Sicherheit gebracht.

Anfragen an Bundesaußenminister Baerbock und Bundesinnenminister Faeser, gefährdete LGBTI-Personen im humanitären Aufnahmeprogramm besonders zu berücksichtigen, blieben bisher unbeantwortet. Und das, obwohl die Ampel-Koalition Ende letzten Jahres ein humanitäres Aufnahmeprogramm für Afghanistan versprochen hatte, vor dem sogar die ehemalige schwarz-rote Bundesregierung zugesagt hatte, achtzig queere Menschen aus Afghanistan aufzunehmen.

Rainbow Railroad, eine kanadische Wohltätigkeitsorganisation, gibt an, dass sie seit der Machtübernahme der Taliban von mehr als 3.300 LGBTI-Afghanen kontaktiert worden ist. Humanitäre Organisationen haben sich äußerst besorgt gezeigt: Unter der Taliban-Herrschaft sind vor allem LGBT-Personen Verhaftungen, Inhaftierungen, Folter und Vergewaltigungen ausgesetzt. Aktivisten haben Dutzende von Fällen von Schikanen, Verprügelungen, Verbrennungen und Morden an jungen Menschen dokumentiert.

Trotzdem räumen westliche Regierungen LGBTI-Antragstellern derzeit keinen Vorrang bei der Beantragung von Asyl ein und berufen sich dabei häufig auf den Schutz der Privatsphäre. Die sexuelle Orientierung gehört nicht zu den Daten, die bei der Beantragung von Asyl speziell erfasst werden. Derzeit gehen Millionen von Anträgen von Afghanen, die aus dem Land fliehen wollen, bei westlichen Ländern ein. LGBTI-Afghanen sind nur ein kleiner Teil davon, gehören aber zu denen, die am meisten gefährdet sind. Die deutsche Regierung muss jetzt dringend handeln, um Leben zu retten.