Ukraine-Krieg: Dramatische Lage in umkämpfter Hafenstadt

Für die Bevölkerung wird die Lage in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol immer dramatischer. Für die Menschen, die noch immer in der von heftigen Kämpfen erschütterten Metropole ausharren, geht es mittlerweile nur noch um das blanke Überleben. Besonders die Wasserversorgung ist massiv gestört, es gibt erste Berichte, dass Betroffene Wasser aus Pfützen und Heizungsrohren trinken würden.

Seit vielen Tagen toben heftige Kämpfe um die von der russischen Armee belagerte Hafenstadt Mariupol. Inzwischen spitzt sich insbesondere die Versorgungslage mit den notwendigsten Dingen erheblich zu. So berichtet der stellvertretende Bürgermeister, Serhij Orlow, von großen Problemen mit der Trinkwasserversorgung. In einem Interview, welches ukrainische Medien druckten, sagte er, dass lediglich ein sehr geringer Teil der Bevölkerung die Möglichkeit hat, einigermaßen sauberes Wasser aus einem Brunnen zu entnehmen. Viele hingegen greifen derweil auf das Wasser aus den Heizungsrohren zurück, da diese ohnehin nicht mehr funktionieren. „Manche sagen auch, dass sie es aus Pfützen nehmen. Als es Schnee gab, haben sie den geschmolzen.”

Zudem hat die Zerstörung der Stadt eine neue Stufe erreicht. Orlow berichtet von Schäden durch Bombardierungen an 80 bis 90 Prozent aller Gebäude in Mariupol. Insgesamt gibt es kein einiges Haus, welches nicht in irgendeiner Form beschädigt sei. Zudem ist es ein perfides Kalkül von Russland, eine Kapitulation der Stadt mit ehemals 400.000 Einwohner zu erzwingen, in dem gezielt Zivilisten ins Visier genommen werden. Das Dementi aus Russland kam umgehend, man attackiere lediglich militärische Ziele.

Für den stellvertretenden Stadtvorsteher ist das Schlimmste an diesem Krieg, dass er seinen Bewohnern nicht helfen könne. “Eine Mutter ruft an, sie schreit nicht, sie schimpft nicht, sie fragt mit ruhiger Stimme: ‘Ich halte mein Kind im Arm, es verhungert, was soll ich tun?’ Und du hast keine Antwort auf die Frage”, berichtet er sichtlich betroffen.

Unterdessen ist es in den letzten zwei Tagen vielen Tausend Menschen gelungen, die Stadt mittels Privatfahrzeugen zu verlassen. Doch noch immer harrt die Mehrheit der Bewohner unter schlimmsten Bedingungen aus. Besonders traumatisch war die Bombardierung eines Theaters am gestrigen Mittwochabend. Dort hatten mehrere Hundert Zivilisten Schutz vor den Bombardements gesucht. Sowohl Kiew als auch Moskau machen jeweils die andere Seite für diesen entsetzlichen Angriff verantwortlich.