Intensivstationen laufen voll: Erste Uniklinik hat mit „weicher Triage“ begonnen

Mehrere Kliniken Deutschlands sind am Rande ihrer Kapazitäten angekommen. Aufgefangen wird die Situation nur noch durch Personal, das bis an die Grenzen der Belastbarkeit geht. Besonders ernst ist die Lage in Köln. Karl Lauterbach spricht bereits von Triage.

Mehrere Kliniken berichten von knappen Kapazitäten aufgrund der Fülle an neuen Corona-Patienten. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nahm auf einen Bericht aus Köln Bezug und schrieb via Twitter: „Die weiche Triage, suboptimale Versorgung durch Verlegen oder Verschieben, hat schon begonnen. Die Lage spitzt sich täglich zu.“

https://twitter.com/Karl_Lauterbach/status/1382396078495006723?ref_src=twsrc%5Etfw

Michael Hallek, der Direktor der Inneren Medizin der Uniklinik Köln hatte mehrfach geschildert, dass die Lage in seiner Klinik „sehr angespannt“ sei. In den vergangenen zwei Wochen seien immer wieder Patienten aus den Kliniken der umliegenden Region verlegt worden, weil dort keine Intensivbetten mehr frei waren. Am vergangenen Wochenende musste die Uniklinik Köln mehrere Intensivpatienten über längere Zeit in der Notaufnahme versorgen, weil die Intensivstation voll belegt war. Es sei der Einsatzbereitschaft und Flexibilität der Mediziner und des pflegenden Personals zu verdanken, dass die Lage nicht völlig aus dem Ruder laufe.

Vergleichbar sehe die Situation in anderen Großstädten aus. In Berlin melden bereits neun Kliniken, dass die Kapazitäten auf den Intensivstationen ausgelastet seien. Ähnliche Meldungen kommen aus Thüringen: Die Kliniken in Jena und im Corona-Hotspot Greiz riefen erstmals seit Dezember erneut den Notstand aus. Fünf schwer erkrankte Corona-Intensivpatienten werden bereits in andere Bundesländer verlegt, weil die Kapazitäten vor Ort ausgeschöpft sind.

Laut Divi-Register sind bundesweit noch 14,1 Prozent der Intensivbetten verfügbar. „Was bedeuten zehn Prozent? Die durchschnittliche Größe der Intensivstationen ist zehn bis zwölf Betten. Das bedeutet: pro Intensivstation genau ein Bett“, sagte Steffen Weber-Carstens von der Berliner Charité. Diese Auslastung des Gesundheitssystems falle auch zulasten von Patienten anderer Krankheiten.

„Wir sind jetzt in einer sehr kritischen Phase der Pandemie angekommen. Deutschland befindet sich in einer absoluten Krise“, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Gernot Marx der „Augsburger Allgemeinen“. „Die Intensivstation laufen an vielen Klinikstandorten voll“, verdeutlichte er. „Wir erleben einen ungebremsten Anstieg der Infektionen und einen ungebremsten Anstieg der Intensivpatienten“. Deshalb sei es höchste Zeit, dass der Bundestag das neue Infektionsschutzgesetz auf den Weg bringe, so Marx. „Jeder Tag mehr bedeutet mehr Infektionen, mehr schwer kranke Menschen und mehr Patienten, die an Corona sterben werden – und mehr Patienten die schwerer erkranken oder sterben, weil wir so viele Corona-Patienten haben.“