Schwere Corona-Folgeschäden auch bei Kindern

Auch bei Kindern besteht die Gefahr, dass das Coronavirus Blutgefäße und Nieren angreift. Und das auch, wenn die Erkrankung symptomlos oder nur leicht auftritt. Auf Schäden an den Gefäßen sowie auf Mikrothrombosen weist die Erhöhung eines Biomarkers im Blut hin. Daraus schließen Forscher nun, dass das Blutgerinnungssystem und auch die Gefäßwände sowie die Nieren durch eine Sars-CoV-2-Infektion bei Kindern in Mitleidenschaft gezogen werden.

Mit dem Coronavirus können sich Kinder zwar infizieren, doch im Gegensatz zu Erwachsenen erkranken sie seltener an Covid-19. Die Dunkelziffer bei Kindern und Jugendlichen ist vermutlich besonders hoch, da die Infektionen häufig symptomlos oder sehr mild verlaufen. Doch können Fieber, Kreislaufkollaps und Schäden am Herz in seltenen Fällen auf ein schweres Entzündungssyndrom hinweisen.

Biomarker im Blut verrät Gefäßentzündungen

Aber bisher ist weitgehend unbekannt, dass es zu unterschwelligen Auswirkungen auf die Blutgefäße und die Blutgerinnung von Kindern kommen kann. Sehr häufig leiden erwachsene Covid-19-Patienten unter Gefäßentzündungen, Thrombosen und Embolien. Caroline Dioria und ihre Kollegen vom Children’s Hospital of Philadelphia berichten hingegen: „Solche Komplikationen werden auch von gesunden jungen Menschen ohne Vorerkrankungen berichtet“.

Die Forscher wollten daher wissen, ob es ähnliche Störungen in Form von unerkannten Mikrothrombosen oder Gefäßschäden bei Kinder geben kann. Von 50 Kinder wurde daraufhin das Blut untersucht. In 21 Fällen hatten die Probanden keine oder nur sehr milde Covid-19-Sympthome, elf litten an einem schweren Verlauf, an einem multiinflammatorischen Syndrom litten 18 weitere Kinder. Der Biomarker sC5b9 dient dabei als Anzeiger für Mikrothrombosen. Er zeigt dabei an, dass im Zuge einer Infektion Zellen durch das sogenannte Komplementsystem angegriffen und zerstört werden. Dabei kann es, trotz Beseitigung von durch das Virus befallenen Zellen, auch zu übersteigerten Entzündungen und Gewebeschäden kommen.

Erhöhte Werte auch bei symptomlosen Kindern

Das Ergebnis überraschte, denn die Menge des Biomarkers sC5b9 war bei allen mit dem Coronavirus infizierten Kindern signifikant erhöht. Die Werte waren bei diesen um das Sechs- bis Zehnfache gegenüber dem Normalwert von im Schnitt 57 Nanogramm erhöht. „Erstaunlicherweise waren die sC5b9-Werte selbst bei den Kindern abnormal, die nur minimale Symptome hatten oder deren Infektion asymptomatisch und nur rein zufällig entdeckt worden war“, berichten Diorio und ihr Team.
Die Wissenschaftler stellten in den Analysen zudem fest, dass es Hinweise auf Mikrothrombosen und akute Nierenschäden bei den untersuchten Kindern gab. In 48 Prozent der Fälle gab es Indizien für Mikrothrombosen, von denen 21 Prozent zuvor asymptomatisch oder mild verlaufen sind.

Langzeitfolgen noch unklar

Daraus resümieren Diorio und ihr Team: „Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass thrombotische Mikroangiopathien und die Aktivierung des Komplementsystems bei mit SARS-CoV-2 infizierten Kindern häufig sind – selbst wenn die Symptome nur minimal sind“. Unklar sind aber noch, wie sich dies kurz- und langfristig auf die Blutgefäße und Nieren auswirken wird. „Von Kindern, die nach einer Transplantation von Blutstammzellen thrombotische Mikroangiopathien entwickeln, wissen wir, dass sie lebenslang unter klinischen Spätfolgen leiden können, darunter Bluthochdruck, Lungenhochdruck, Schlaganfällen und chronischen Nierenerkrankungen“, erklären die Forscher. „Es ist daher möglich, dass es auch die Mikrothrombosen durch eine Coronavirus-Infektion unerkannte Langzeitfolgen haben.“

Weitere Untersuchungen nötig

Es ist daher aus Sicht der Mediziner wichtig, genaue Untersuchungen und medizinische Überwachungen bei Kindern mit einer SARS-CoV-2-Infektion vorzunehmen. Das ist besonders wichtig bei Kindern mit einem schweren Verlauf. Hier waren nach Erkenntnissen der Forscher die Indizien für Mikrothrombosen und Nierenschäden deutlich ausgeprägter. Auch sollte das Testen auf eine Infektion ohne Symptome weiter vollzogen werden.

„Nur so können wir besser verstehen, wie das Virus Kinder betrifft“, sagt David Teachey, Diorios Kollege. „Die wichtigste Botschaft dieser Studie ist aber, dass wir in Bezug auf SARS-CoV-2 noch viel zu lernen haben.“