Skandal: Es gibt viel weniger Intensivbetten als letztes Jahr – Das ist der Grund

Die Zahl der freien Intensivbetten liegt mittlerweile unterhalb von 3000. Letztes Jahr im November waren es mehr als 6000. Dabei gibt es noch viel weniger Corona-Patienten als im Vorjahresmonat. Warum sind die Betten also knapp?

Derzeit gibt es etwa 24.700 Intensivbetten in Deutschland. Mehr als 21.ooo davon sind belegt. 2020 wurde die Gesamtkapazität der Intensivbetten auf rund 28.000 beziffert. Zwischenzeitlich war die Zahl sogar auf 40.000 aufgestockt worden. Warum schwankt die Zahl und warum stehen jetzt weniger Betten zur Verfügung?

Kritiker der Corona-Politik bemängeln, dass der Staat Krankenhauskapazitäten abgebaut habe und dass deshalb weniger freie Betten zur Verfügung ständen als letztes Jahr.

Stimmt das? Die Antwort ist „jein“

Die von der Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) erfasste Zahl der Intensivbetten beruft sich auf Rückmeldungen aus den Krankenhäusern. Dabei zählen die Krankenhäuser nur solche Betten, für die auch Personal vorhanden ist. Dadurch entstehen enorme Schwankungen.

Laut Klinikchef Dr. Thomas Weiler aus Starnberg sei das Personal derzeit ausgedünnt, weil viele Pflegekräfte nach 20 Monaten Ausnahmezustand „ausgebrannt und am Ende“ seien. „Nach der dritten Welle im Frühjahr ging ja sofort wieder das normale Geschäft los“, erinnert Weiler. Nun gebe es einen hohen Krankenstand, Mitarbeiter, die aufgeschobenen Urlaub abbauen, Pflegekräfte, die unbezahlt Urlaub genommen hätten, weil sie eine Pause brauchten und solche, die die Arbeit komplett niedergelegt hätten. „Wir suchen händeringend Personal. Aber woher sollen wir es nehmen?“, fragt der Krankenhauschef. Schuld daran sei allerdings nicht nur die Pandemie. „In den letzten 20 Jahren wurde der ehemals sehr attraktive Beruf der Krankenpflege systematisch unattraktiv gemacht“, fügt er hinzu.

Neben dem Problem Fachkräftemangel bestehen wirtschaftliche bzw. politische Gründe, weswegen weniger, freie Kapazitäten vorhanden sind. Letztes Jahr habe der Gesetzgeber von den Krankenhäusern gefordert, Intensivbetten freizuhalten, erklärt Weiler. Diese Vorlage bestehe nicht mehr. Der Staat hat allerdings ein Impfangebot geschaffen, das die Krankenhäuser entlasten könnte, wenn es von allen wahrgenommen würde.

Für Krankenhäuser ist es unwirtschaftlich, Betten und Personal freizuhalten. Ohne Eingriff des Gesetzgebers geschieht das nur noch in begrenztem Maße. Hier kommt die Reserve ins Spiel, wodurch Intensivbetten im Notfall aufgestockt werden können.

Grundsätzlich gilt, dass Reservebetten in einer Woche aufgebaut werden können. Das sind Intensivbetten mit Beatmungsgerät, die im Notfall aktiviert werden. Damit das geschieht, müssen jedoch Pflegekräfte aus anderen Stationen abgezogen werden. Das heißt: Sobald ein Krankenhaus seine Reserve aktiviert, wird die Patienten-Versorgung in anderen Stationen eingeschränkt.