Nun ist Deutschland ein Sperrgebiet. Sollten Reisende in der Nacht von Flensburg nach München oder von Hannover nach Frankfurt zum Flughafen wollen, um so einen Flieger nicht zu verpassen, dann wird daraus künftig nichts werden. Mit dem Auto ist es eh verboten, aber auch mit der Bahn scheint dies nicht möglich zu sein.
Festgestellt hat dies der wissenschaftliche Dienst des Bundestages. Denn bei fast allen Reisen durch Deutschland, gleich ob mit Auto, Bus oder Bahn, werden Gebiete mit einer Inzidenz von mehr als 100 durchquert.
Die Bundestags-Juristen schreiben in dem brisanten Kurzgutachten, dass in der Begründung des Gesetzes geschrieben steht, dass in betroffenen Landkreisen „zwischen 22 Uhr und 5 Uhr der Aufenthalt in Fortbewegungsmitteln untersagt“ ist. Ausdrücklich seien damit „auch öffentliche Verkehrsmittel von der Ausgangsbeschränkung erfasst“.
Die Juristen ziehen daher das Fazit: „Daraus folgt, dass eine Durchreise durch Gebiete, in denen die Ausgangssperre gilt, nur dann gestattet“ sei, wenn Ausnahmen vorlägen (u.a. medizinische Notfälle, Gassigehen, Weg zur Arbeit, Berufsausführung). Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki sagte zur „Bild“: „Es droht heilloses Chaos. Wer keine Ordnungswidrigkeit begehen will, darf während der Ausgangssperre die betroffenen Landkreise weder im Auto, mit der Bahn oder sogar dem Flugzeug durchqueren.“
Der Jurist Kubicki sieht auch „die Bahn vor große Probleme bei der Aufrechterhaltung des Schienenverkehrs gestellt“. Bei der ist man bislang immer davon ausgegangen, dass es auch weiterhin eine Ausnahme von den Ausgangssperren geben werde. Doch das Bundestags-Gutachten stellt dies als Irrtum dar.
„Die Bundesregierung muss jetzt schnellstens klären, wie ihre Regelung umgesetzt werden soll“, fordert Kubicki. „Selbst die bundeseigene Deutsche Bahn dürfte mit der Aufrechterhaltung des Schienenverkehrs vor große Probleme gestellt werden. Personen, die nicht von der Ausgangssperre ausgenommen sind, dürften nicht mehr befördert werden und müssten den Zug verlassen. Die Verkehre auf den Bundesautobahnen müssten für Betroffene so umgeleitet werden, dass Landkreise mit einer 100er Inzidenz umfahren werden.“
Passagiere kommen nicht mehr zu ihrem Flieger
Vor riesigen Problemen stehen auch die Flughäfen. Eine Anreise für Nacht- und Frühflüge ist nicht erlaubt, Nachtflüge selbst dürfen dann auch von den großen deutschen Airports nicht abheben. Denn diese haben alle eine zu hohe Inzidenz: Frankfurt/Main hat 189, München (Landkreis Freising) 170 und Düsseldorf liegt bei 151.
Zumindest für bestehende Buchungen setzt der Verband der Flughäfen auf Kulanz. Gegenüber der Bild sagte eine ADV-Sprecherin: „Bei der Interpretation des Gesetzes sollte klar sein, dass bereits gebuchte Flugreisen auch zwischen 22 Uhr und 5 Uhr angetreten werden können.“
Bundestags-Vize Kubicki ist das zu viel Pfusch: „Ein weder für die Bürger noch die Behörden einzuhaltender Irrsinn. Diese groben handwerklichen Fehler übertreffen die Farce um die ,Osterruhe‘ nochmal um einiges.“ Dieses Mal reiche daher eine Entschuldigung nicht mehr aus, denn diese Regeln seien zwar absurd, doch bald geltendes Recht. Diese ließen sich „daher nicht per Erklärung durch die Kanzlerin“ aus der Welt schaffen.
Kubicki weiter: „Es muss jetzt schnell gehandelt werden. Ich bin nicht bereit hinzunehmen, dass mein Land Schleswig-Holstein vom Süden und Westen der Republik abgenabelt wird, weil Hamburg mit seiner hohen Inzidenz nicht mehr durchfahren darf.“
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