Nicht nur Strom und Gas: Städtische Versorger stehen vor Insolvenz

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) schlägt Alarm: Deutschlands Stadtwerke sind in einer Notlage. Es drohen weitreichende Versorgungslücken. Es geht nicht nur um Strom und Gas, sondern auch um Wasser, Wärme, Müll und Nahverkehr in vielen Kommunen Deutschlands.

Im Interview mit dem SWR-Regionalfernsehen lässt Michael Ebling, der Bundesvorsitzende des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) eine Bombe platzen. Ebling, der selbst Oberbürgermeister in Mainz ist, sieht eine reale Gefahr, dass viele Stadtwerke zahlungsunfähig werden. Doch wenn kommunale Versorger pleite sind und den Betrieb stilllegen müssten, hätte das katastrophale Auswirkungen auf die abhängigen Kommunen. Neben der Strom- und Gasversorgung könnte dann auch die Wasserversorgung, die Müllentsorgung, Fernwärme, der Nahverkehr und die Stadtreinigung mit in die Auswirkungen der Insolvenz gezogen werden – von Schwimmbädern und anderen städtischen Freizeitangeboten ganz zu schweigen.

Die Stadtwerke müssten derzeit auf dem Energiemarkt zweistellige Millionenbeträge zahlen. Mehrkosten würden zwar an Verbraucher weitergegeben, doch wenn ein Teil der Kunden seine Rechnungen nicht bezahlen könne – wovon man ausgeht – dann kämen auch die Stadtwerke in Zahlungsschwierigkeiten.

Ebling sieht nur eine Lösung, um dieses Horrorszenario zu verhindern: “Es braucht von Bund und Ländern einen Schutzschirm, den wir jetzt aufspannen“. Er hoffe, dass dieser Schutzschirm vorsorglich aufgespannt werde und die Landes- und Bundespolitik nicht erst dann reagiere, wenn es schon zu dramatischen Auswirkungen gekommen ist.

Zu einer solchen Situation kam es im August in der Österreichischen Hauptstadt Wien. „Wien Energie“, die den Wiener Stadtwerken angehört, war plötzlich zahlungsunfähig geworden. Österreich griff mit einem Staatskredit von zwei Milliarden Euro ein, um eine Insolvenz zu verhindern. Experten rechnen fest damit, dass auch deutsche Politiker kein Stadtwerk in die Pleite rutschen lassen werden.

In Sachsen wurden erste Fakten geschaffen. Die Metropole Leipzig sorgt sich bereits um die städtische Grundversorgung. Am Mittwoch stellte die Stadt der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (LVV) deshalb einen vorübergehenden Kreditrahmen von bis zu 400 Millionen Euro zur Verfügung. „In Leipzig wie auch in anderen Städten geraten die Stadtwerke aufgrund der Preisexplosionen an den Energiemärkten zunehmend unter Druck“, teilte die Stadtverwaltung mit.

Mit dem städtischen Kredit sollen die Leipziger Stadtwerke befähigt werden, die „extrem hohen Ausfallsicherheiten“, die an den Energiemärkten fällig würden, zu leisten, ergänzte die sächsische Metropole. Es handelt sich dabei um Sicherheitszahlungen, die am Energiemarkt verlangt werden. Nach dem Prinzip einer Kaution werden diese theoretisch wieder zurückerstattet. Allerdings müssen die regionalen Stromversorger in Vorleistung gehen. Zeichnen sich Liquiditätsprobleme ab, können die Stadtwerke das nicht mehr.