Auch wenn Putin das Gas abdreht: Deutschland ist aus folgenden Gründen in einer guten Position

Viele sind besorgt: Die deutschen Gasreserven sind bei weitem nicht so hoch, wie sie sein sollten, die Industrie bereitet sich auf Werksschließungen vor und Haushalte fürchten Wintertage ohne Heizung. Aber ist die Lage wirklich so schlecht? Wirtschaftsexperten sind der Meinung, dass Deutschland besser auf den Winter vorbereitet sein könnte als bisher angenommen.

Erst vor wenigen Wochen ist die Gasversorgung durch Nord Stream 1 von fast 40 % auf etwa 20 % der früheren Menge zurückgegangen. Kurz zuvor hatte der Gasriese Uniper erklärt, er befinde sich in ernsten finanziellen Schwierigkeiten, da er Gas zu erhöhten Preisen kaufen müsse, um die russischen Ausfälle auszugleichen. Um das Unternehmen vor dem Bankrott zu bewahren, war eine Rettungsaktion der deutschen Regierung in Höhe von 15 Milliarden Euro erforderlich.

Doch in Deutschland selbst, so die Experten, wird die Angst hauptsächlich durch Panikmache geschürt. Sollte Putin Deutschland den Gashahn komplett zudrehen, wären die Auswirkungen ihrer Meinung nach minimal. Denn der Gasverbrauch der Privathaushalte und der Industrie ist bereits spürbar gesunken, weitere Einsparungen sind möglich, und die Gasreserven sind jeden Tag spürbar voller.

Seit Anfang des Jahres hat Deutschland seine Abhängigkeit von russischem Gas bereits um über 20 % reduziert. Sowohl Privatkunden als auch die Industrie sind bereit, Maßnahmen zu ergreifen, um Gas zu sparen. Die Haushalte drehen die Thermostate herunter und verbrauchen weniger Warmwasser. Auch Strom wird eingespart, was bedeutet, dass ein großer Teil durch erneuerbare Energien geliefert werden kann und weniger Gas für die Stromerzeugung verwendet wird.

Die Industrie erzielt sogar noch größere Einsparungen: Das Chemieunternehmen BASF zum Beispiel nutzt in seinem Hauptwerk in Ludwigshafen zunehmend Heizöl für die Erzeugung von Strom und Dampf. Außerdem investiert das Unternehmen in den Bau eines Windparks, der seinen Strom liefert. Selbst bei einer Rationierung des Gases gehe der Konzern davon aus, dass er noch genügend Gas habe, um den Betrieb zumindest mit einer reduzierten Last aufrechtzuerhalten, so der Vorstandsvorsitzende.

Nach Ansicht von Ökonomen des Exzellenzclusters Econtribute der Universitäten Köln und Bonn muss Deutschland bis zum Winterbeginn 25 Prozent seines Gasverbrauchs im Vergleich zum Vorjahr einsparen, um die kalte Jahreszeit sicher zu überstehen.

Sie halten dies für machbar, vor allem angesichts der bereits erzielten Einsparungen. Zudem werden die Gasspeicher immer weiter aufgefüllt und die ersten Terminals für den Import von verflüssigtem Erdgas (LNG) sollen im Winter in Betrieb genommen werden.

Foto: Gas-Verdichterstation Mallnow, über dts Nachrichtenagentur