Katastrophe von Ahrweiler war vermeidbar

Eine riesige Flutwelle hatte sich in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli durch das Ahrtal gewälzt. Beinahe unvorbereitet traf es die Bewohner. Wie nun bekannt wurde, lagen der Kreisverwaltung die alarmierenden Informationen dazu vor. Das hat das Landesumweltamt von Rheinland-Pfalz nun bestätigt.

Besonders hart wurde am 14. Juli der Landkreis Ahrweiler vom Hochwasser erwischt. Doch hätte es für die Bewohner viel früher zu einer Katastrophenwarnung kommen müssen. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ mitteilte, sind vom Landesamt für Umwelt in dem Bundesland an dem betreffenden Abend mehrere automatisierte Mails auch an die Kreisverwaltung in Ahrweiler gegangen, wie ein Sprecher des Landesamtes bestätigte.

Aus dieser Nachricht war zu entnehmen, dass fast 7 Meter Pegelstand für diesen Bereich vorausgesagt wurden. Prognosen vom Landesamt waren aber auch schon am Nachmittag des 14. Juli rausgegangen. Die dortigen Vorhersagen zeigten auf, dass selbst das Jahrhunderthochwasser aus dem Jahre 2016 mit damals 3,7 Metern bei weitem überstiegen werden sollte. Schlussendlich ist der Katastrophenfall im Ahrtal erst um 23.15 Uhr ausgerufen und mit den Evakuierungen begonnen worden.

Der im Landkreis Ahrweiler für den Katastrophenschutz verantwortliche Landrat erklärte dies mit Pegelständen, die am frühen Abend als wesentlich niedriger prognostiziert worden waren. Das Landesamt hat diese aber kurze Zeit danach revidiert und um ein Vielfaches erhöht. Die Kreisverwaltung war zudem noch einmal um 21.26 Uhr direkt vom Landesamt über den zu erwartenden Pegel von 6,9 Meter informiert worden.

Flutwelle gab es schon früher

Schwere Vorwürfe gegen den Landrat kommen auch vom Krisenforscher Frank Roselieb. Zu jeder Kernfunktion des Kreischefs und Oberbürgermeisters gehört das Management des Katastrophenschutzes. Er halte es für absolut unerklärlich, warum kein Voralarm in dem betroffenen Landkreis ausgelöst wurde. Schon am frühen Abend des 14. Juli hätte dieser ausgelöst werden müssen. Nur so hätten noch rechtzeitig Notmaßnahmen eingeleitet werden können. Möglich sei dies, wenn „die Pegelstände steigen und steigen, ohne dass schon was Schlimmeres passiert ist“. Von „Katastrophenalarm im Kopf“ sprach Roselieb daher.

Schlussendlich erging mit der Ausrufung des Katastrophenfalls der Stufe 5 die Anordnung, beidseitig der Ahr alle Häuser im Abstand von 50 Meter zu evakuieren. Doch seien bei dem Appell durch den Landrat schon die ersten Häuser von den Wassermassen mitgerissen worden.

Der Wissenschaftler betonte denn auch: „Niemand kann sagen, dass es solche Flutwellen im Ahrtal noch nicht gegeben hat. Beim Hochwasser vor 200 Jahren waren die Dimensionen etwa noch gewaltiger.“ Es gab somit keinerlei Gründe, nicht auf die jüngste Flutwelle vorbereitet gewesen zu sein.

Sowohl in Rheinland-Pfalz als auch in Nordrhein-Westfalen hatte extremer Starkregen zu verheerenden Überschwemmungen geführt. 135 Menschen sind dabei in Rheinland-Pfalz ums Leben gekommen, noch immer werden 59 Personen vermisst. 47 Menschen starben zudem in Nordrhein-Westfalen.